Zitronenstelze auf dem Riether Werder
Frank Joisten ist Hobbyornithologe und Mitglied unserer Jägerschaft im Hegering Ahlbeck, er hat den Riether Werder gepachtet. Seit 2002 betreut er die Vogelinsel. Durch die kontinuierliche Bejagung von Prädatoren vor der Brutzeit und intensive Biotoppflege, entwickelte sich hier dank seines Einsatzes die aktuell größte Lachmöwenkolonie Deutschlands. Circa 10.000 Brutpaare finden sich jährlich hier ein.
Auch andere Bodenbrüter, wie Flussseeschwalbe, Uferschnepfe, Rotschenkel und Kiebitze brüten erfolgreich auf der Insel.
In diesem Jahr macht Frank Joisten jedoch eine ganz besondere Entdeckung, die man schon fast als Sensation bezeichnen kann.
Zitronenstelze, keine Schafstelze
22.Mai 2020: Seit einigen Tagen fotografiert Frank Joisten bereits zahlreiche nordische Schafstelzen. Als er sich das letzte Bild seiner Kamera genauer ansieht, kann er seinen Augen kaum trauen und geht sicherheitshalber in Deckung. Der gelbe Vogel kehrt ungestört zurück und es gelingen ihm weitere Aufnahmen die keine Zweifel mehr zulassen.
Keine Schafstelze, sondern die hierzulande sehr seltene Zitronenstelze hat den Weg auf die kleine Insel gefunden und wird sich hoffentlich zum Brüten niederlassen. Zunächst kann nur das Männchen gesichtet werden, daher geht Frank von einem Durchzügler aus.
26.Mai 2020: Große Überraschung, einige Tage später findet sich am gleichen Platz neben dem Zitronenstelzen Männchen auch ein Weibchen ein. Erste Hoffnungen auf eine Brut auf der kleinen Vogelinsel im Neuwarper See bringen Naturfotograf Gunther Zieger und mehrere Biologiestudenten der Uni-Greifswald und der Fachhochschule Neubrandenburg auf den Plan. Ab jetzt wird die potenzielle Brutregion dauerhaft beobachtet.
Erster Brutnachweis in Deutschland
Zitronenstelzen brüten normalerweise in Westsibirien und überwintern in Indien. Seit einigen Jahren scheint sich die Art in Richtung Westen auszubreiten. Es gab in Deutschland in den letzten Jahren immer wieder einzelne, seltene Beobachtungen dieser Art. Brutversuche oder Bruten sind jedoch in Deutschland äußerst selten.
In Deutschland gelang bisher lediglich ein einziger Brutnachweis im Jahr 2013. Fotos gibt es davon jedoch nicht.
27. Mai 2020: Tatsächlich begann das Weibchen in einer Wiese mit Flatterbinsen einen Nistplatz zu suchen, welcher bei dieser Art am Boden angelegt wird. Die Mitglieder des Fördervereins für Naturschutzarbeit Uecker-Randow-Region, in dessen Auftrag Frank die Betreuung der Vogelinsel 2002 übernommen hat, sichern den potenziellen Brutplatz auf einer Fläche von 70×70 Metern mit einem Weidezaun vor den weidenden Kühen.
In den folgenden Tagen wird der Anflug des Vogelpaares in den gesicherten Bereich immer wieder beobachtet. Fotografen, Biologiestudenten und Naturschützer halten sich trotz extremer Neugier zurück und suchen nicht aktiv nach dem Nest. Aufmerksam gemachte Raubvögel oder das versehentliche Zertreten des Nests im hohen Gras könnte sich wohl niemand verzeihen.
Am 22. und 28. Juni konnten Aufnahmen der futtertragenden Vogeleltern gemacht werden, wie sie immer wieder das Nest anflogen. Dann machte den Vogelbeobachtern allerdings das Wetter einen dicken Strich durch die Rechnung. Gewitter, Sturmböen und Starkregen unterbrechen weitere Beobachtungen.
Am 02. Juli gelingt das letzte Foto des Zitronenstelzen Männchens im Bereich des Nistplatzes. Leider klappt es nicht mit einer Aufnahme der inzwischen wohl geschlüpften Jungvögel.
Auf Grund der langen Anwesenheit und auch futtertragender Altvögel kann jetzt für die Zitronenstelze als Brut auf dem Riether Werder gesprochen werden.
Wenn es dem Pärchen auf dem Riether Werden gefallen hat, dann kommt es hoffentlich im nächsten Jahr wieder und bringt noch ein paar Freunde mit.
Bildquellen
- Zitronenstelze Männchen: Frank Joisten
- Zitronenstelze im Anflug: Frank Joisten
- Zitronenstelze Weibchen: Frank Joisten